Der Bundesverband Rettungsdienst (BVRD) vergab gestern, Donnerstag, den Camillo Award für herausragende Verdienste im Rettungswesen. Der Austrian Patient Safety Award wird heute, Freitag, vergeben. Die Rotkreuz-Akademie im Roten Kreuz Tirol und das Rote Kreuz Innsbruck waren wieder ganz vorne mit dabei: beide erhalten sie den Camillo Award, die Rotkreuz-Akademie bekommt zudem den Austrian Patient Safety Award.
Es ist ein innovativer Ausbildungsansatz, den die Rotkreuz-Akademie im Roten Kreuz Tirol mit dem Room of Risks gewählt hat, und der eingeschlagene Weg macht sich nun doppelt bezahlt: Der diesjährige Camillo Award in der Kategorie „Ausbildungskonzept“ und der Austrian Patient Safety Award in der Kategorie „Ausbildung“ gehen an das Team rund um Akademie-Bereichsleiter Armin Laiminger.
Ein weiterer Camillo Award, nämlich jener in der Kategorie „Innovation“, geht ebenfalls nach Tirol. Olivia Wörndl, Leiterin des Büros für Gleichbehandlung und Chancengleichheit im Roten Kreuz Innsbruck, darf sich über die hohe Auszeichnung für die Sensibilisierungsfortbildung #taktgefühl freuen. Für ihre Leistungen bei diesem Vorzeigeprojekt erhielt sie bereits im Juni den DDr. Hans Lauda Preis „Young Humanitarian Hero Award“.
Room of Risks & #taktgefühl.
Die präklinische Notfallmedizin ist komplex, denn im Notfall muss jeder Handgriff sitzen und das Team perfekt zusammenarbeiten. Quellen für Fehler und mögliche Fehler gibt es viele und um genau diese so gering wie möglich zu halten, absolvieren Sanitäter:innen jährlich Fortbildungen wie im Ausbildungsjahr 2021/2022 eben den „Room of Risks“.
Eine weitere Voraussetzung dafür, dass die Arbeit im Roten Kreuz gelingt, ist der Umgang miteinander. Rotkreuz-Mitarbeiter:innen sollen sich mit Wertschätzung und Achtsamkeit begegnen. Dazu hat das Rote Kreuz Innsbruck das Sensibilisierungsseminar #taktgefühl konzipiert, und setzt dieses seit bald Jahren erfolgreich um.
Room of Risks: Aus (Beinahe)-Fehlern lernen.
Werden Sanitäter:innen zu einem Notfall gerufen, müssen viele Faktoren optimal zusammenwirken, damit der Einsatz erfolgreich ist. „Fehler passieren“ sagt Armin Laiminger, Leiter der Rotkreuz-Akademie im Roten Kreuz Tirol, und ergänzt: „doch zu 80 Prozent wären sie vermeidbar“. Genau hier setzt das Ausbildungskonzept „Room of Risks“ des Roten Kreuzes Tirol an.
Das Prinzip von Room of Risks beruht darauf, Fehler oder Beinahefehler in vorbereitete, reale Einsatzszenarien einzubauen. Die Sanitäter:innen werden mit dem Szenario konfrontiert und müssen innerhalb von 15 Minuten potenzielle und tatsächliche Risiko- und Fehlerquellen erkunden. Dabei greifen sie auf ihr Fachwissen, ihr vorhandenes Risikobewusstsein und auf die Fähigkeit, im Team zusammenzuarbeiten, zurück. Über gezielte Fragestellungen erarbeitet das Team dann Vorschläge für Verbesserungen. „Daraus“, so Armin Laiminger, „entwickeln sich Diskussionen, die nicht nur einen hohen Lerneffekt für die Teilnehmer:innen haben, sondern mitunter wertvolle neue Lösungsansätze nach sich ziehen“.
Insgesamt wurden 2.519 aktive Mitarbeiter:innen im Rettungsdienst Tirol im Room of Risks geschult. Die Akzeptanz für das Schulungskonzept ist hoch. „Die Sanitäter:innen schätzen vor allem den offenen und wertschätzenden Umgang mit (möglichen) Fehlern, der letztlich die Sicherheitskultur stärkt und die Versorgungsqualität verbessert“, sagt Armin Laiminger.
David Holzer, Olivia Wörndl, Dominik Kornfeldner und Armin Laiminger (von links nach rechts) sind die Tiroler Rotkreuz-Preisträger:innen des diesjährigen Camillo Awards.
Foto: Francesco Steiner
#taktgefühl: Sensibilisieren für ein achtsames Miteinander.
Meine Grenzen spüren und die der anderen nicht überschreiten. Das ist kurz umschrieben der Inhalt der 2021 konzipierten Sensibilisierungsfortbildung #taktgefühl. Die Fortbildung des Roten Kreuzes Innsbruck beschäftigt sich mit den verschiedenen Arten, Ursachen und Auswirkungen von Belästigung und bietet auch Raum für Diskussionen. Im Fokus stehen die sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz, aber auch alle anderen Formen von Belästigung, Machtmissbrauch, Diskriminierung und Gewalt. „Beim Seminar #taktgefühl handelt es sich nicht um einen moralischen Fingerzeig für die Teilnehmer:innen, sondern um eine Bewusstseinsbildung. Unser Ziel ist die Wahrnehmung und die Anerkennung von individuellen Grenzen“, erläutert Olivia Wörndl.
#taktgefühl ist ein vierstündiges Seminar, das alle Mitarbeiter:innen im Roten Kreuz Innsbruck verpflichtend durchlaufen, unabhängig vom Arbeitsbereich, der Ausbildung oder der jeweiligen Position innerhalb des Vereins. Bisher haben 238 Teilnehmer:innen in 20 Terminen das Pflichtseminar absolviert.
Auszeichnungen bestätigen den eingeschlagenen Weg.
Der diesjährige Camillo Award fand am 12. Oktober in Wien statt, der Austria Patient Safety Award geht am 13. Oktober über die Bühne. Die Rotkreuz-Akademie darf den Camillo Award heuer zum zweiten Mal und den Austria Patient Safety Award sogar zum dritten Mal in Folge entgegennehmen. Dem Roten Kreuz Innsbruck wird bereits der dritte Camillo Award überreicht.
„Beide Preise bestätigen uns darin, den Weg, den wir in der Aus- und Fortbildung der Sanitäter:innen und im Training unserer Mitarbeiter:innen eingeschlagen haben, fortzusetzen und auch weiter auszurollen“, freuen sich Thomas Fluckinger, der als Chefarzt den Bereich der Aus- und Fortbildung im Roten Kreuz Tirol verantwortet, und Alexandra Tanda, die als Geschäftsführerin im Roten Kreuz Innsbruck großen Wert auf einen achtsamen Umgang miteinander legt.
Titelbild: Mit den Tiroler Rotkreuz-Preisträger:innen (von links nach rechts) Armin Laiminger, David Holzer, Dominik Kornfeldner und Olivia Wörndl freuen sich Alexandra Tanda (Mitte) und Stefan Hofmarcher (2. von rechts), Geschäftsführerin und stellvertretender Geschäftsführer vom Roten Kreuz Innsbruck, sowie der Obmann des Roten Kreuzes Innsbruck, Rupert Stöckl (rechts).
Foto: Francesco Steiner