Mit rund 15.000 Kilometern an markierten, vorwiegend vom Alpenverein gewarteten Wanderwegen und jährlich über fünf Millionen Wanderbegeisterten zählt Tirol zu den beliebtesten Bergregionen Europas. Doch der größer werdende Trend zum schnellen Gipfelglück mit tollem Bergpanorama birgt Risiken: 2024 gab es in Tirol insgesamt 103 Alpintote – in ganz Österreich waren es 309 Personen, so viele wie seit zehn Jahren nicht mehr. Neben Selbstüberschätzung, mangelnder Vorbereitung und ungeeigneter Ausrüstung ist auch die gestiegene Zahl an Wandernden Grund für die vielen Unfälle am Berg. Im heurigen Sommer (seit 1. Mai 2025) kam es in Tirols Bergen bisher zu 1.015 Wander-Unfällen, 29 Menschen haben dabei ihr Leben verloren. Das Land Tirol appelliert gemeinsam mit der Alpinpolizei an ein paar wenige Verhaltensregeln vor und während der Wandertour, um die Sicherheit beim Wandern in den Bergen zu gewährleisten.
Gute Vorbereitung ist die halbe Miete!
Eine unfallfreie Tour beginnt zu Hause – mit einer sorgfältigen Planung. Ein Überblick über die aktuelle Wetterlage, eine zur eigenen Kondition passende Tourenlänge und der richtige Schwierigkeitsgrad sowie Informationen zu möglichen Schlüsselstellen der geplanten Wandertour sind essenziell. „Am wichtigsten ist die realistische Selbsteinschätzung. Heutzutage muss alles immer höher, schneller und weiter sein, was zu einer erhöhten Risikobereitschaft führt. Es ist ratsam, ehrlich zu sich selbst zu sein, um sich und andere nicht in Gefahr zu bringen. Wer mehrere Tage hintereinander wandern möchte, sollte sich langsam steigern. Auch eine leichte Tour kann schön sein und im Laufe der Tage kann man die Intensität immer noch erhöhen“, erklärt Viktor Horvath, Leiter der Alpinpolizei in Tirol.
Ebenso entscheidend ist die richtige Ausrüstung: feste Wanderschuhe mit Profil, eine Regenjacke sowie ausreichend Proviant und Getränke gehören zum Standardrepertoire. „Der Rucksack sollte so leicht wie möglich und so voll wie nötig gepackt sein. Unverzichtbar sind Erste-Hilfe-Set, Wechselkleidung und ein Biwaksack. Alles sollte sicher im Inneren verstaut und nicht außen am Rucksack angebracht werden, damit man nicht hängen bleibt und sich verletzt“, so Horvath.
Die Orientierung sollte zu jedem Zeitpunkt gegeben sein. Am Berg kann es zu Funklöchern ohne Handyempfang kommen. Neben GPS und Wander-Apps bietet eine klassische gedruckte Landkarte in solchen Situationen wertvolle Orientierung. Außerdem sollte man immer Bescheid geben, wo man unterwegs ist, damit bei einem Notfallszenario schneller reagiert werden kann. Zugangsdaten zu mobilen Endgeräten sollten hinterlegt werden. Abhilfe schafft hier auch die SOS-EU-ALP APP. Bei einer Notfallmeldung über die App werden die Standortdaten direkt an die zuständige Leitstelle übermittelt und eine Sprachverbindung wird aufgebaut. Bei Aktivierung der Zusatzfunktion „Standortverlauf“ übermittelt die App die Position nach je 100 zurückgelegten Metern an einen Server. Bei einer Suchaktion ohne Notruf können die Standortdaten somit abgerufen und die Suche gezielt gestartet werden, ohne eine zeitaufwendige Suchaktion durchführen zu müssen. Weitere Informationen gibt es unter www.leitstelle.tirol/leistungen/soseualpapp.
„Das schönste Foto ist nichts wert, wenn es keiner mehr sieht.“
Schöne Bergpanoramen, exponierte Gipfelkreuze, malerische Landschaften: In den sozialen Netzwerken finden schöne Bergfotos hohen Anklang. Was nicht gezeigt wird oder dargestellt werden kann, sind der anstrengende Aufstieg, die steilen Abgründe, wechselhaftes Wetter und das Risiko von Erschöpfung oder Verletzungen. „Der Berg ist kein Laufsteg. Was in den sozialen Netzwerken oftmals toll aussieht, kann in Realität einen langen und schweren Anstieg bedeuten. Nicht jedes Foto ist das Risiko wert und nicht jede Aussicht muss zwingend mitgenommen werden“, appelliert Horvath und ergänzt: „Jedes Jahr kommt es zu zahlreichen Unfällen auf den Bergen, da die Menschen während des Gehens an gefährlichen Stellen auf ihr Handy blicken und dadurch abgelenkt sind. Sie sind nicht voll konzentriert und treten dann daneben oder rutschen aus. Das schönste Foto ist nichts wert, wenn es keiner mehr sieht.“
Bild: Land Tirol/Christanell