In den frühen Morgenstunden, noch bevor die Sonne aufgegangen ist, beginnt aktuell für viele Helferinnen und Helfer eine besondere Mission: Drohnen mit Wärmebildkameras fliegen systematisch über Felder, um Rehkitze aufzuspüren, bevor die Mähmaschinen anrücken. Die Jungtiere werden dann vorsichtig aus dem Gras geborgen und in Sicherheit gebracht.
„Die Mahd im späten Frühling fällt genau in jene Zeit, in der Rehkitze abgelegt werden. Für Landwirtinnen und Landwirte ist es fast unmöglich, beim Mähen ein Rehkitz rechtzeitig zu sehen. Die Tiere ducken sich instinktiv im hohen Gras, sind kaum zu erkennen – und deshalb besonders gefährdet. Genau hier setzt die Rehkitzrettung an“, erklärt LHStv Josef Geisler.
Effiziente Kombination aus Technik und Erfahrung
In den Monaten Mai und Juni sind die Rehkitze noch sehr klein. Um sie vor Fressfeinden zu schützen, verstecken die Muttertiere die Kitze im hohen Gras. Ihre getupften Felle und ihr instinktives Verhalten, sich flach auf den Boden zu ducken, machen sie nahezu unsichtbar – auch für LandwirtInnen und deren die Mähmaschinen. „Im Mai und Juni sind wir oft auch den ganzen Tag im Einsatz – je nachdem, wie das Wetter ist und wann die Bauern mähen“, erklärt Marina Ulrich, Wildbiologin beim Tiroler Jägerverband. „Letztes Jahr haben wir in Tirol rund 6.000 Hektar Fläche mit Drohnen abgesucht und dabei fast 900 Rehkitze gerettet.“
Im heurigen Jahr wurden in Tirol mittels knapp 230 Drohnenflügen über eine Fläche von rund 2.000 Hektar bereits rund 200 Rehkitze gerettet. Neben Drohnen kommen auch Vergrämungsmittel zum Einsatz, wie sogenannte Rehkitzschrecke oder einfache Stecken mit flatternden Plastiksäcken. Auch sie sollen dafür sorgen, dass die Muttertiere ihre Kitze rechtzeitig aus der Wiese bringen. Besonders wichtig sei, so Ulrich, auch die richtige Mähtechnik: „Wir empfehlen, in der Mitte der Wiese zu beginnen und dann nach außen zu mähen. So haben Tiere, die sich im Feld befinden, die Möglichkeit rechtzeitig in den Wald zu flüchten und sich damit in Sicherheit zu bringen.“ Dass sich die Rehkitzrettung mittels Drohe bewährt hat, zeigt die stetig steigende Zahl an Einsätzen. Mit der Plattform www.rehkitzrettung.at wurde eine zentrale Anlaufstelle vom Tiroler Jägerverband geschaffen, um DrohnenpilotInnen zu koordinieren. Dort können LandwirtInnen und JägerInnen gezielt nach Einsatzmöglichkeiten in ihrer Region suchen oder direkt Kontakt aufnehmen.
Verbesserte Rahmenbedingungen durch Gesetzesnovelle
Im Jahr 2024 wurde die Rehkitzrettung auch gesetzlich weiter gestärkt: Mit einer Novelle des Tiroler Jagdgesetzes wurde sichergestellt, dass Rehkitze auch ohne die Anwesenheit eines Jagdausübungsberechtigten von DrohnenpilotInnen gerettet werden können, der Jagdausübungsberechtigte ist lediglich zu informieren. Dies erhöht die Flexibilität sowie die Geschwindigkeit der Einsätze weiter und entlastet die Jägerschaft. Das Land Tirol unterstützt die Initiative weiterhin finanziell. „Die Rehkitzrettung lebt von der guten Zusammenarbeit aller Beteiligten. Nur so können wir das gemeinsame Ziel erreichen: die Kitze zu schützen und die Landwirtschaft zu unterstützen“, betont LHStv Geisler abschließend.
Bild: Land Tirol