„Chance auf Normalität wurde verpasst”

Die Bergbahnen Sölden haben am 11. April ihren Winterbetrieb eingestellt. Im Rahmen der geltenden Regelungen hat eines der größten Skigebiete Tirols einen wesentlichen Teil seiner Pisten und Anlagen im Winter offen gehalten. Besucher erlebten ein Skigebiet von Weltformat im Privatmodus – Traumpisten und Gondeln für sich allein. Allerdings ohne jede Möglichkeit zur Einkehr. Gemeinsam mit dem Ausbleiben der internationalen Gäste war die Folge wirtschaftlich ein Totalausfall. „Der Umsatzeinbruch beträgt für die Bergbahnen Sölden minus 99 Prozent“,  so Jakob Falkner. Zusätzlich bitter für Falkner: „Die perfekte Schneelage und die ungewöhnlich günstige Witterung während der vergangenen Monate hätten alle Voraussetzungen für einen Traumwinter erfüllt. In einem normalen Jahr wäre das eine Rekordsaison geworden.“ 

Öffnung für Einheimische als richtige Entscheidung 
Trotz der hohen Kosten für die Inbetriebnahme steht für Falkner außer Zweifel, dass es richtig war, das Skigebiet in Sölden mit Ausnahme einer dreiwöchigen Unterbrechung offen zu halten: „Das Ausmaß an Dankbarkeit, das uns aus der Bevölkerung entgegengebracht wurde, ist bewegend. Es gab eine Unmenge von positiven und emotionalen Rückmeldungen aus der Bevölkerung. Das hat uns gezeigt, dass wir einen entscheidenden Beitrag leisten konnten, diese schwierige Zeit lebenswerter zu gestalten.“

Geht es nach Jakob Falkner, hätte sich Österreich an der Schweiz orientieren sollen.
Foto: Bernhard Ritschel

Schweiz als positives Beispiel für alternativen Weg
Dennoch bleibt zusätzlich zur wirtschaftlichen Belastung der schale Beigeschmack, dass der Totalausfall hätte vermieden werden können. Falkner verweist auf das Beispiel der Schweiz. Dorthin pflegen die Bergbahnen Sölden enge Branchen-Beziehungen. Mit den Jungfraubahnen unterhalten sie seit Jahren eine internationale Marketing-Kooperation. „Die Schweiz hat trotz anfänglicher Kritik gezeigt, dass es möglich war eine touristische Wintersaison zu absolvieren. Bergbahnen und Hotels waren in Betrieb. Restaurants und Bars blieben geschlossen. In manchen Orten wurden dadurch 70 bis 80 Prozent der regulären Umsätze erwirtschaftet. Gleichzeitig hat das dortige Gesundheitssystem Stabilität bewahrt. Die Pandemie-Situation hat sich im Verlauf des Winters in der Schweiz in Relation zu Österreich sogar verbessert“, berichtet Falkner. 

Chance verpasst, mehr Menschen Erholung auf den Pisten zu ermöglichen 
In Österreich wäre es aufgrund des Ausbleibens internationaler Gäste zwar nicht möglich gewesen Umsätze in diesem Ausmaß zu erlösen. Aber man hätte ein adäquates Angebot zur Erholung und Freizeitgestaltung schaffen können. Zumindest für Österreicher, Schweizer und jene deutschen Gäste, welche die ursprüngliche Möglichkeit eines 48-Stunden-Aufenthaltes genutzt hatten. Mit Übernachtung und wie ursprünglich geplant ohne jeglichem Bar-, geschweige denn Aprés-Ski-Betrieb. „Der heimischen Tourismusbranche hätte das enorm geholfen. Und vor allem wäre es für viel mehr Gäste aus dem ganzen Bundesgebiet möglich gewesen, etwas Normalität in der Natur und am Berg zu erleben. Diese Chance hat Österreich verpasst“, so Falkner. Gerade in Sölden habe man mit dem Ski-Weltcup im Oktober gezeigt, dass man in der Lage ist, konsequente Hygiene- und Schutzkonzepte im großen Stil umzusetzen.

Bergbahnen Sölden investieren trotz Krisenwinter
Falkner blickt dennoch entschlossen in die Zukunft. Die Bergbahnen Sölden tätigen mit dem Neubau des Restaurants an der Gaislachkogl-Mittelstation im kommenden Sommer eine Großinvestition. Daneben werden zahlreiche Infrastrukturmaßnahmen und Qualitätsverbesserungen im Skigebiet realisiert. Das Investitionsvolumen bewegt sich im niedrigen zweistelligen Millionen-Bereich. „Wir glauben an die Perspektiven unseres Angebotes. Deswegen investieren wir. Zu hoffen bleibt, dass die Verantwortlichen der öffentlichen Hand ihre Hausübungen ebenfalls erledigen. Sie müssen jetzt einen raschen Fortschritt der Impfkampagne und damit die Bewältigung dieser Krise sicherstellen“, betont Falkner.

Foto: obermoser + partner architekten