Balance zwischen Gesundheit und Wirtschaft

Die Coronakrise stellt die heimische Wirtschaft und Industrie vor eine große Herausforderung und bringt negative Auswirkungen für den Wirtschaftsstandort und den Arbeitsmarkt mit sich. Nun gelte es, dieser Entwicklung gegenzusteuern und die Wirtschaft Schritt für Schritt wieder hochzufahren, betont LH Günther Platter: „Wir müssen eine Balance zwischen Gesundheit und Wirtschaft finden und das Wirtschaftsleben unter strenger Einhaltung von Vorsichts- und Hygienemaßnahmen wiederaufnehmen. Das ist dringend notwendig, um weiteren Schaden vom Wirtschaftsstandort abzuwenden. Zugleich darf es mit dem Hochfahren der Wirtschaft zu keiner zweiten Erkrankungswelle kommen.“ Der Landeshauptmann spricht der Tiroler Industrie heute auch seinen Dank aus: „Die Tiroler Industriebetriebe haben während der strengen Quarantänebestimmungen mitgeholfen, den wirtschaftlichen Motor Tirols am Laufen zu halten – das war wichtig und wurde durch entsprechende Vorsichtsmaßnahmen der Betriebe gut bewerkstelligt. Mein Dank gilt allen Industriebetrieben und deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die auch in dieser schweren Zeit die Produktion am Laufen gehalten haben.“

Appell: Produktion in Europa halten

In dieser Krise stelle sich nun heraus, so LH Platter, dass die Auslagerung von Produktionen aus Europa auf andere Kontinente – insbesondere im Pharma- und Gesundheitsbereich – falsch war: „Eine Lehre dieser Krise muss sein, dass wir wieder mehr in Europa produzieren, vor allem in sensiblen Bereichen. Es hat sich gezeigt, unter welch schwierigen Umständen das Schutzmaterial zu bekommen war, auch was die Qualität betrifft.“ Hier herrsche dringender Handlungsbedarf. „Es darf nicht sein, dass wir so abhängig sind von anderen Kontinenten“, so der Landeshauptmann. Er stehe bereits in engem Austausch mit der Führungsebene der heimischen Pharmaindustrie, um den Standort Tirol auch für diese Branche weiterhin sicherzustellen und nach Möglichkeit auszubauen. Die Europäische Union insgesamt müsse zukünftig mit vereinten Kräften agieren und handeln, um entstandene Abhängigkeiten wieder rückgängig zu machen. Es gehe um ein klares Bekenntnis zu einer krisensicheren Produktion in Europa.

Neue Form des Alltags etablieren

Tirol steht nun vor der Herausforderung, die Wirtschaft langsam wieder hochzufahren, eine risikoadäquate Lockerung der Maßnahmen zum Schutz der Tiroler Bevölkerung vorzunehmen und laufend zu überprüfen, ob die gesetzten Schritte keine zweite Ausbreitungswelle des Virus verursachen. „Wir müssen eine neue Form des Alltags mit dem Virus ermöglichen. Dazu ist es notwendig, langsame, überlegte Schritte in enger Abstimmung mit den Expertinnen und Experten zu setzen, damit unser Wirtschaftsleben wieder funktionieren kann“, erklärt Wirtschaftslandesrätin Patrizia Zoller-Frischauf. Insbesondere die kleinen, heimischen Händler, die in den vergangenen Wochen Totalausfälle verzeichnen mussten, hätten nun die Möglichkeit, ihre Waren wieder in Ihren Geschäften zu verkaufen. Das sei ganz wichtig für den Wirtschaftskreislauf.

Richtige Maßnahmen zur richtigen Zeit 

Bund und Land hätten in der Krise rasch reagiert, um die Wirtschaft zu unterstützen, etwa mit dem Härtefallfonds und dem Corona-Hilfsfonds. Hier sei auch auf Betreiben Tirols bei den Anspruchsberechtigungen sehr gut nachgeschärft worden. „Es ist für mich zudem ein erfreuliches Zeichen, dass die Mittel der Bundesregierung für das Instrument der Corona-Kurzarbeit nochmals auf nun fünf Milliarden Euro aufgestockt wurden“, so LRin Zoller-Frischauf. In Tirol haben bereits 6.301 Betriebe einen Antrag auf Kurzarbeit gestellt und leisten damit einen Beitrag, um die Arbeitsplätze auch nach der Coronakrise zu erhalten.

Seitens des Landes habe man eine rasche Beschlussfassung von Zinszuschüssen zur Sicherung der Liquidität von Unternehmen gewährleisten können und beispielsweise die Förderung von Homeoffice-Arbeitsplätzen gestartet. Als zentrale Aufgabe von Landesseite sieht die Wirtschaftslandesrätin, nach Vorliegen aller vorgesehenen Bundesmaßnahmen sinnvolle Ergänzungen zu finden, Doppelförderungen zu vermeiden, Lücken zu schließen und in weiterer Folge Maßnahmen zur Konjunkturförderung und Konjunkturbelebung für die Tiroler Wirtschaft zu setzen. „Wenn die akute Krise vorbei ist, müssen wir ganz intensiv dahinter sein, die Konjunktur anzukurbeln und den Wirtschaftsstandort auf Kurs zu bringen“, informiert die Landesrätin abschließend.

Umfrage der Industriellenvereinigung Tirol: Industrie stark betroffen

Die Ergebnisse einer aktuellen Blitzumfrage durch die Industriellenvereinigung Tirol zeichnen ein Bild der Lage und der Stimmung in der Tiroler Industrie nach rund einem Monat Coronakrise. Fast die Hälfte der Betriebe sind von der Krise sehr stark oder stark betroffen. Nur ein Prozent sieht keine Auswirkungen. Die Auswirkungen auf die Absatzlage spüren ein Drittel der befragten Unternehmen sehr stark. Ein Viertel hat Probleme mit der Beschaffung. Als nach wie vor gravierendes Problem sieht ein Drittel der Unternehmen die Verunsicherung der MitarbeiterInnen. Sieben Prozent produzieren derzeit gar nicht. Nur bei 14 Prozent läuft die Produktion voll, bei 30 Prozent liegt die Auslastung zwischen 75 und 90 Prozent.

Für Christoph Swarovski, Präsident der Industriellenvereinigung Tirol, sind die Ergebnisse der Umfrage alarmierend: „Unsere Betriebe versuchen alles, um die Produktion aufrecht zu erhalten und leisten damit einen großen Beitrag, damit das Land nicht zum Stillstand kommt. Bei der absoluten Notwendigkeit der Hilfsprogramme darf nicht vergessen werden, dass die Mittel dafür in der Wirtschaft –von den Unternehmen und ihren MitarbeiterInnen – verdient werden müssen. Deshalb muss jetzt die Wirtschaft wieder in Schwung kommen. Die Betriebe werden weiterhin alles unternehmen, um die Sicherheit der Mitarbeiter und Kunden zu gewährleisten.“

Wirtschaft wiederbeleben und Chancen aus der Krise mitnehmen

Laut Jürgen Huber, Finanzwissenschaftler und Universitätsprofessor an der Universität Innsbruck, haben Österreich und Tirol hart durchgegriffen: „Das war richtig und hat uns vor einer medizinischen Krisensituation wie in anderen Staaten bewahrt. Nun gilt es, einen Neustart für die Wirtschaft zu gewährleisten, jeweils unter der Einhaltung von Schutz- und Hygienemaßnahmen.“ Ganz wichtig sei es, die Kaufkraft der Bevölkerung zu sichern und den Wirtschaftskreislauf wiederzubeleben. Nur so könne man den wirtschaftlichen Kollaps und Massenarbeitslosigkeit verhindern.

Jede Krise sei aber auch eine Chance, so Huber. Die Lokale Produktion sei wieder in den Vordergrund gerückt. „Regionale Produkte und regionale bzw. europäische Qualität haben bei den Menschen an Wert gewonnen. Darauf muss auch beim Einkaufsverhalten geachtet werden und das gilt es, nach dieser Krise auch beizubehalten, da hat jeder eine Eigenverantwortung“, sagt Huber. Auch für die Tiroler Industrie sei das eine Chance, um Produktionen wieder ins Land zu holen und neu zu beleben.

Bild: IV-Präsident Swarovski: „Unsere Betriebe versuchen alles, um die Produktion aufrecht zu erhalten und leisten damit einen großen Beitrag, damit das Land nicht zum Stillstand kommt.“

Foto: Land Tirol