Venet bei Oberland DABEI

Eine emotionale Berg- und Talfahrt

Wenn vom „Venet“ die Rede ist, ist meist der Bahnbetrieb samt Freizeitangebot auf dem Hausberg der Landeckerinnen und Landecker, der Zammerinnen und Zammer gemeint. Auch, wenn es wirtschaftlich gesehen schwierig ist, kommen bei den Einheimischen viele Emotionen hoch, wenn es um die (ungewisse) Zukunft des Berges geht. Fest steht: Der Venet hat für die Bevölkerung einen sehr hohen Stellenwert. Die politische Seite möchte sich der Thematik im Rahmen eines Prozesses annehmen.

Der Landecker Vizebürgermeister Mathias Niederbacher und Stadtrat Jakob Egg von der Fraktion „Zukunft Landeck“ forderten in einer Aussendung, dass – wenn die künftige Abgangsfinanzierung den Betrag von 20 Euro pro Einwohner deutlich übersteigen sollte – eine Volksbefragung her muss. „Jeder zusätzliche Euro schmälert die Möglichkeiten der Stadtgemeinde für ihre Bürgerinnen und Bürger wichtige Zukunftsaufgaben zu erfüllen“, so Egg und Niederbacher unisono. Wenn es um das Thema Venet geht, gehen im Talkessel und darüber hinaus schon seit Jahrzehnten die Meinungen auseinander. Der Landecker Bürgermeister Herbert Mayer erklärt seine Sichtweise: „Der Venet ist eine unverzichtbare Freizeiteinrichtung für den Talkessel und auch trotz allem bin ich der Überzeugung, dass wir ihn brauchen.“ Es sei, so der Stadtchef, die einzige ganzjährig geöffnete Freizeiteinrichtung. „Es gibt eine breite Basis, die sagt, dass wir den Venet erhalten müssen“, bekräftigt er, auch wenn es – wie er gesteht – „betriebswirtschaftlich gesehen nicht rentabel ist und auch nie war.“ „Dieses Thema beschäftigt schon Generationen von Gemeinderäten“, ergänzt Herbert Mayer. Da die Konzession für die Bahn 2027 ausläuft, wurde ein Prozess gestartet, der über die Zukunft entscheiden wird – eine Entscheidung sollte in circa zwei Jahren fallen.

Für die Bevölkerung hat der Venet eine wesentliche Bedeutung. Etwa für die Landeckerin Gertraud Niggler, die gemeinsam mit ihrem Mann und weiteren Mitgliedern der Landecker Pensionistenrunde regelmäßig am Venet ist. „Wir sind fast jeden Tag am Venet und fahren bereits mit der 9-Uhr-Gondel rauf“ und: „Wir haben seit Jahrzehnten die Jahreskarte. Auch hat unsere Pensionistenrunde einen Stammtisch im Panoramarestaurant.“ Aus ihrer Sicht könnten mehrere Einheimische dieses tolle Angebot vor der Haustür nutzen: „Unsere ganze Familie ist gern am Venet – auch im Winter zum Skifahren ist nie so viel los wie in größeren Skigebieten“, zeigt sie auf und: „Gäbe es den Venet nicht mehr, würde uns das schrecklich abgehen. Anderswo hin zum Skifahren würden wir nicht mehr fahren“, bekräftigt Gertraud. Eine Dame, die ausnahmslos jeden Tag auf den Venet fährt, ist die Zammerin Elisabeth Mair. Egal ob Sommer oder Winter, ob Sturm oder Sonnenschein. „Seit ich vor über 20 Jahren meinen Ruhestand angetreten habe, war ich jeden Tag auf dem Venet“, erzählt sie. Das Skifahren hat sie heuer im Winter aufgehört, aber: „Ich wandere im Winter mit Pickel auf den Schuhen“, erzählt sie und weiß genau, wer wann und aus welchem Grund am Venet ist: „Besonders im Sommer sind viele Wanderer des E5-Weitwanderwegs am Venet“, freut sie sich. Für Elisabeth Mair ist der Venet nicht nur ein Sehnsuchtsort, der einen herrlichen Ausblick bietet, sondern viel mehr: „Für mich es ist ein Luftkurort. Nach einer Lungenentzündung oder Bronchitis finde ich hier oben schnelle Heilung. Für mich ist das ein Geschenk.“ Auch sie bedauert es, dass man am Venet verhältnismäßig wenige Einheimische trifft: „Es wäre empfehlenswert. Es ist nicht so viel los wie in anderen Skigebieten. Zudem sind die Pisten bestens präpariert.“
„Gibt nichts Schöneres“
Eine treue Venet-Seele ist auch die Landeckerin Brigitte Tiefenbrunner. „Auch ich bin hauptsächlich am Vormittag am Venet und geh dort Skifahren“, erzählt sie. Auf stolze 40 bis 44 Skivormittage bringt sie es pro Saison. „Für mich ist es ein Traum, es gibt nichts Schöneres – es ist nirgendwo so schön zum Skifahren wie am Venet“, schwärmt Brigitte, die für den Aufstieg vorzugsweise den Rifenallift wählt. Im Sommer bestreitet sie den anspruchsvollen Weg auf den Venet zu Fuß, meist über den Ladner-Steig und fährt dann mit der Gondel zurück ins Tal. „Mir täte es unheimlich leid, wenn es den Venet nicht mehr gäbe, besonders auch für meine Enkelkinder. Gerade in Zeiten wie diesen ist diese Einrichtung wichtig“ und leitet über zum geselligen Part: „Man trifft dort oben auch immer Leute. Wir kehren meist auf der Zammer Alm ein und man trifft immer jemanden“, zeigt sie auf. Auch sie bedauert, dass nur ein Teil der Einheimischen von diesem Angebot weiß: „Leute gehen automatisch woanders hin zum Skifahren und sind dann, wenn sie einmal zufällig am Venet sind, etwa durch Schulskiwochen ganz erstaunt, wie schön es dort ist.“ Ihr Credo ist klar: „Dieses tolle Angebot muss mehr in Anspruch genommen werden.“
„Offen diskutieren“
Der Zammer Bürgermeister Benedikt Lentsch gibt folgendes Statement zum Venet ab: „Ich bin der Meinung, dass wir jetzt offen diskutieren und alle Varianten auf den Tisch legen müssen. Ich bin weder Touristiker noch Bergbahnbetreiber – ich bin Bürgermeister der Gemeinde Zams. Insofern kann ich meine Erwartungen für die finanzielle Unterstützung formulieren: Ich will, dass der Venet als Naherholungsgebiet für die Menschen in der Region erhalten wird. Das ist mein Anspruch, mit dem ich in jedes Gespräch zum Venet gehen werde“ – und: „Wie wir dieses Ziel bestmöglich erreichen, ist in der Diskussion zu klären. Dort wird man die unterschiedlichen Notwendigkeiten hinsichtlich Modernisierung besprechen und im Sinne eines schlüssigen Gesamtkonzepts bewerten. Es macht keinen Sinn, den Flickenteppich an halbfertigen Erneuerungs- und Sanierungsideen fortzuführen. Genau dadurch haben wir leider in der Vergangenheit schon viel Geld verloren.“ Die Frage nach der Zukunft des Venets bleibt also spannend – zwischen Emotionen aus der Bevölkerung und politischer Verantwortung gilt es nun, Lösungen für den Fortbestand des Bahnbetriebs zu finden.

Auch im Winter ein wahrer Geheimtipp: Der Venet. Am Hausberg im Talkessel ist weitaus weniger los als in den großen Skigebieten.

Foto: TVB Tirol West/Daniel Zangerl